- CVIII - Der Mensch, das unsichtbare Tier

In alter Tradition legen wir unsere Toten auf das Meer, geben sie in die Obhut von Mutter Erde und lassen sie herauf fahren zu den Sternen. Und wenn sie über den Abgrund der Welt segeln, sich auf dem glänzenden Wasser spiegeln und lächelnd auf die Lebenden zurück sehen, dann vergessen sie den Schmerz vergangener Epochen. Hell erstrahlen sie den kommenden Weg, lehren zurück gelassene Fehler. Denn in ungreifbarer Weisheit stehen sie uns zur Seite, vergessen kein Wort, übersehen keine Träne.

Immer wieder frage ich mich, wer ich bin. Was ich soll. Was ich darf. Fragen, die vor Äonen schon Andere an den Mond stellten, ihn um Hilfe baten und sich der kühlen Nacht bedienten. Menschen, die auf festem Grund standen und in unfassbare Ferne starrten. Kinder, die in ängstlichen Nächten in das Bett ihrer Eltern schlichen, um die sie heimsuchenden Geister zu vertreiben. Um die warme Umarmung des Schutzes zu spüren.

Im beständigen Wind fallen die Blätter von den Ästen, Kronen biegen sich, Wurzeln halten fest. Doch immer älter werden die Mauern, verwittern und verlieren den Kampf gegen die ständige Veränderung. Aus der alten Burg wird eine Ruine im unbezwingbarem Urwald. Und irgendwann fällt sie der Vergessenheit entgegen, um im Rausch der Vergangenheit zu verschwinden.

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