- LVI - Kapitel 1 & 2 *

Kapitel 1 - Das Kind vom Strand

War es meine Aufgabe gewesen? Kein Zufall, sondern Bestimmung? Immer wieder frage ich mich das, während ich hier sitze und schreibe, meine Worte finde, meine Geschichte aufschreibe, um sie irgendwann der Nachwelt zu hinterlassen.
Die Stotterzunge war der damalige Protagonist gewesen, verletzt, dem Tode nah. Das Meer hatte sie zu mir gespült, der Wind meinen Namen geflüstert, wollte die Erde eins ihrer Kinder nicht verlieren. Was wäre ich heute ohne dieses Kind? Ohne diese junge Frau, die meinen Mantel nahm um sich zu wärmen, die meine Worte verschluckte und mir ihre Dankbarkeit entgegen brachte?
Der Bücherwurm war gefangen in einem kleinem Körper, verletzlich und hilfsbedürftig. Ohne darüber nachzudenken half ich ihr, spendete ihr die Wärme, die Freundlichkeit, Liebe. Die Liebe, die ein Elternteil seinem Kind entgegen zu bringen hatte.
Mit dem Mädchen habe ich einen weiteren Teil der Menschlichkeit - des Lebens - gewonnen, einen Pfad auf der Erde entdeckt, der mir bis dahin verschlossen war. Wie bei jedem Weg kenne ich das Ende nicht, weiß ich nicht ob es mir die Erfüllung und Befreiung gibt, doch das zählt nicht. Es fühlt sich richtig an.
Ich rettete nicht nur sie, auch Bücher und längst vergessene Worte fielen unter den Schutz meiner Flügel, so dass ich ihr am Ende mein Wort gab, ihr versprach immer für sie da zu sein.
  
Kapitel 2 - Von Wölfen und Lämmern

Das Leben hat viele verstrickte Pfade, viele uneinsichtige Wendungen. An manchen Ecken warten Dornenbüsche, an anderen die steile Klippe. Man weiß nie, an welcher Kreuzung, welcher Ecke man die Kontrolle verliert und irgendwo verschwindet, sich verletzt oder verändert.
Wer ist der Wolf, wer das Schaf? Und wo ist der Hirte? Inzwischen weiß ich nur noch, dass ich nicht der Wolf bin, es nie war. Eher würde das Schaf zu mir passen, das sich in den Wolf verliebte, seine Reinheit verlor, weil es etwas böses an sich heran ließ und sich hingebungsvoll opferte, das Leben in der Herde aufgab. Weil es dumm war. Und naiv. Dennoch kann das Schaf nicht anders, als an den Wolf zu denken...
Ich wurde weggeschickt, zum Ersten mal - musste gehen, weil meine Anwesenheit nicht ertragen wurde, nurnoch alles schlimmer machte. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich das überhaupt verstand.

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